Paris-Roubaix 2016

Rennbericht Paris-Roubaix

Am Morgen, des 9.4.2016 sitzen wir im Auto und beobachten gespannt den heller werdenden Himmel. Am Vortag noch hatte es unwetterartig geregnet, doch nun ist es trocken. In Busigny soll die Paris Roubaix Challenge starten. Wir kommen natürlich nicht bis in den Ort, sondern müssen schon außerhalb parken und uns startklar machen.Einige Tausend werden heute auf den drei Varianten der Strecke nach Roubaix unterwegs sein. Wir fahren die 173km lange Strecke mit allen Pavés, wie auch die Profis am Folgetag, diese dürfen sich allerdings noch 80 km vorher einrollen. Wir, das sind: Heiko Rudolph vom Radteam Coepenick, ich (Robert) auf dem Rad, Eileen, mit Karl, unserem Sohn und Frank, im Begleitfahrzeug.

 

Endlich geht’s los….Die Ersten sind schon vor einer Dreiviertelstunde gestartet. Wir müssen an vielen vorbei, die die Tachonadel auf der Geraden nicht über die Vierzig kriegen.… der Himmel klart auf und Sonne begleitet uns auf das erste Pavé …

Sechsundzwanzig sollten folgen und immer das gleiche: Pannenflicker am Streckenrand, das Pflaster voller verlorener Flaschen, und die Trauben an Rennern, die sich elend über das Pflaster schuften. Bei uns sollte es so weitergehen, wie auf der Geraden: Volle Fahrt in das Pavé und vorbei an allen Anderen! Dabei ab aufs Grün und durch die schlimmsten Löcher, um an den Anderen vorbeizukommen.Leider reißt schon am ersten Pavé unser kleines Team auseinander. Heiko kommt nicht so gut durch das Getümmel und ich bin auf der nächsten Geraden allein im Wind. Ich habe nur manchmal Mitfahrer, die sich bis zum nächsten Pavé mitziehen lassen, bevor sie abreißen, weil sie mein Tempo auf dem Pavé nicht halten können.
 
 
Noch sind die Pavés zwar hart aber je schneller man drüber ist, desto kürzer tut es weh. Mein Rad, ein umgebauter Crosser, macht tadellos mit, die dreißiger Challenge Strada dämpfen super und halten mich gut auf den engen Pflasterkurven.Die Strecke ist überraschend wellig, immerhin kommt man am Ende auch auf 1200 Höhenmeter und dadurch wohltuende Tempowechsel. Mal mit 50 durch ein kleines französisches Dorf und dann mit Dreißig wieder rauf bis zum nächsten Knick, hinter dem das nächste Pavé los geht. Dann eine Gerade, an einer Seite die Backsteinhäuser und an der anderen die Bergwerkstürme und gerade zum Wald von Arenberg. Hinter mir eine ganze Gruppe, die sich ran gehängt hat, und ich halte drauf, um als Erster in den Wald zu fahren, um mir eine Linie suchen zu können. Bei über 40 aufs Pflaster und das Rad macht Geräusche, als würde es gleich auseinanderfliegen.
 
 
Ich bin vorne und muss an den ersten Trödlern vor mir vorbei und es knallt, wie ein Reifenplatzer …  kurz darauf nochmal. Ich denke, gleich fliege ich; dann stelle ich fest, dass das mein Lenker ist, der sich völlig runtergedreht hat. Ich fasse den Unterlenker an, um Kraft in die andere Richtung auszuüben und dabei weiter mit maximaler Kraft über die härteste Kopfsteinpflasterpassage der Radrenngeschichte. Dann kracht es wieder… der Lenker ist wieder in seiner Ausgangsposition … und die Passage ist geschafft.Hinter der nächsten Kurve ziehe ich während der Fahrt mein Werkzeug aus der Tasche und ziehe zwei Schrauben am Lenker nach. Ab jetzt noch 17 Pavés und 107 km. Ich fahre immer noch allein, an allen vorbei, bis mich auf der Geraden endlich jemand einholt. Ich hänge mich sofort ans Hinterrad und freue mich, mit jemanden fahren zu können, der mich mal „aus dem Wind nimmt“. An den Pavés bin ich vorne und auf den Geraden teilen wir uns ein. Das geht 20 km gut, dann stürzt er hinter mir auf dem Pavé in einer 90° Kurve und landet im Acker. Am Ende des Pavés hängt sich wieder einer ran, der mich auf den nächsten Kilometern begleitet, bis auch er im Acker landet. Schade! Mit den Beiden hat es mehr Spaß gemacht, und nun wieder allein weiter!
 

Mittlerweile tun die Pavés nur noch weh! Das nahende Ziel macht die Qual erträglicher und noch von niemandem eingeholt worden zu sein lässt mich bis kurz vor der Radrennbahn in Roubaix (ZIEL) durchhalten. Am letzten Hügel, in Roubaix, fährt eine Gruppe, die ich vorher eingeholt hatte, an mir vorbei und ich kämpfe mich bis zur Rennbahn wieder ran. Einfahrt in die Bahn, hoch in die Kurve, antreten und im Sprint aus der Kurve! Vorbei an den Anderen und mit einem Vorsprung über den Zielstrich!Heute gab es zwar nix zu gewinnen, aber eines der 5 großen Rennen der Radsportgeschichte hab ich grad nachfühlen können.

Robert Kannis